Sechs Mythen der Standortvernetzung: Ist SD-WAN wirklich das neue MPLS?

Standortvernetzung mit SD-WAN, symbolisch auf der Weltkarte

Alle wollen SD-WAN! Aber warum?

Um die optimale Standortvernetzung haben sich in letzter Zeit viele Mythen gebildet – wir räumen mit den gängigsten auf.

Standortvernetzung das geht mit EtherConnect-Verbindung, MPLS (Multiprotocol Label Switching) oder durch SD-WAN (Software-Defined Wide Area Network). Letzteres rückt seit einigen Jahren immer mehr in den Fokus, forciert durch den Trend zur Public Cloud. SD-WAN ist anders als MPLS und EtherConnect einfach zu implementieren und zu betreiben. Dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt: Wenn du eine Standortvernetzung planst, solltest du diesen sechs Mythen keinen Glauben schenken.


SD-WAN ist das neue MPLS.

Nein. Dafür sind beide Ansätze viel zu unterschiedlich: MPLS nutzt eigene Leitungen und ist deswegen ein privates Netz mit Anschlüssen im Unternehmen und im Rechenzentrum. SD-WAN läuft dagegen nicht über private Leitungen, sondern über jede zur Verfügung stehende Internetleitung. Mit MPLS hast du von Endpunkt zu Endpunkt die Hoheit über die komplette Strecke. SD-WAN bietet nur die Hoheit über die jeweiligen Endpunkte, nicht über die Verbindung dazwischen. MPLS bedeutet also Leitungshoheit. SD-WAN gibt sie ab. Schon allein deswegen kann SD-WAN MPLS nicht ersetzen.

SD-WAN ist immer günstiger.

Nein. Der Preis ist standort- und produktbedingt. Wenn du SD-WAN über einen Glasfaseranschluss beziehst, bezahlst du genauso viel wie für MPLS – denn in der Regel musst du die Baukosten für die Glasfaser selbst tragen und die Preise für Glasfaser sind ortsabhängig. Das Glasfaserkabel ist also der Kostenfaktor, nicht die darauf aufsetzende Technologie. Außerdem hinkt der Preisvergleich von SD-WAN und MPLS oft: SD-WAN-Angebote sind auf den ersten Blick um gut ein Drittel günstiger.

Allerdings deckt das nur die SD-WAN-Technologie und damit nur die Hälfte der Anforderungen ab: Kosten für zusätzliche Internetanschlüsse, die an den Standorten anfallen, sind oft nicht mitkalkuliert. Der Angebotspreis für MPLS ist dagegen höher, weil er alles enthält – Leitung, Anschluss an den Standorten und das Netz.

Hinzu kommt die Anbieterwahl: Als Provider kann die ConfigPoint zum Beispiel durch geschickten Einkauf einen besseren Preis für SD-WAN mit Glasfaser machen als die großen Anbieter. Es ist allerdings richtig, dass MPLS im Betrieb aufwendiger ist als SD-WAN – auch der Hardwareeinsatz für die Verschlüsselung ist höher.

SD-WAN eignet sich für sämtliche Anwendungsszenarien.

Das hängt vom Anwendungsfall ab. Soll ein Standort einfach und schnell angebunden werden, ist SD-WAN in der Tat eine gute Wahl: Unternehmen, die vorübergehend einen Aktionsstore eröffnen oder eine Verkaufsaktion an einer besonderen Location durchführen, profitieren zum Beispiel von SD-WAN, weil der neue Standort schnell angebunden werden kann. Das gilt auch für Messen und Events. Auch für die Vernetzung ausländischer Standorte bietet sich SD-WAN an: Als deutscher Provider oder Kunde ist es extrem teuer, diese nativ mit MPLS anzubinden, weil die Leitungskosten sehr hoch sind.

Für andere Anwendungsformen ist dagegen die Qualität der Leitung entscheidend: Telemedizin, Logistik oder Produktion – überall, wo Echtzeit eine Rolle spielt, muss die Verbindungsqualität stimmen. Gehört dir die Leitung, wie bei MPLS der Fall, musst du mit weniger Brandbreiteneinbußen rechnen: Wurden 100 Mbit bestellt, erhältst du auch 100 Mbit. Im Bereich von SD-WAN können aus 100 schnell 90 Mbit werden, da die zugesicherte Bandbreite vertragsabhängig ist.

SD-WAN ist besser.

Die Aussage ist zu pauschal. Mit MPLS hast du die volle Leitungshoheit vom Rechenzentrum bis zum Anschlussgerät, damit Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und meist einen besseren Service und Support. Kommen Leitung und Anschlussgerät wie bei einer MPLS-Lösung aus einer Hand, kann die Kommunikation unkompliziert geprüft und entstört werden.

Außerdem ist die Quality of Service (QoS) ein Faktor: Dabei werden Inhalte, die über die Leitungen laufen – Videostreams oder Daten wie Citrix-Verbindungen – kategorisiert, priorisiert und die Bandbreite anhand der Serviceklasse zugewiesen. Im Falle von SD-WAN entscheidet das der Provider. Bei MPLS sieht du, was in deinen Leitungen passiert und kannst entsprechend selbst entscheiden, was Vorrang hat. Damit steigt die Servicequalität.

SD-WAN ist schneller.

Die Schnelligkeit hängt von der Leitungstechnologie ab: SD-WAN ist deutlich flexibler, weil kein eigener Anschluss hergestellt werden muss, sondern für die Standortanbindung jeder zur Verfügung stehende Anschluss genutzt und sofort angebunden werden kann, seien es ein LTE-Router oder Starlink. Die Internetleitung ist so in spätestens zwei Wochen geschaltet. SD-WAN auf Glasfaser kostet aber genauso viel Zeit wie MPLS – auch hier muss man auf die Bereitstellung der Kabel warten. Wird MPLS auf einer Technologie wie VDSL und damit einem klassischen Internetanschluss umgesetzt, ist sie auch in zwei Wochen einsatzbereit.

MPLS ist nicht verschlüsselt.

Da der Datenaustausch in SD-WAN über eine öffentliche Internetleitung stattfindet, ist er per se verschlüsselt. Die Konfiguration von MPLS lässt den User im Glauben sich in einem eigenen internen Netzwerk zu befinden. Doch der Anschluss an den Standorten erfolgt durch öffentliche Provider und die Kabel laufen über öffentliche Infrastrukturen und Verteilerschränke – deswegen sollte auch ein MPLS verschlüsselt werden, denn alle Daten sollten während des Transfers verschlüsselt sein.

Fazit

Du siehst: SD-WAN und MPLS sind Technologien mit Vor- und Nachteilen. Welche besser passt, musst du von Anwendungsfall zu Anwendungsfall und abhängig von den Prioritäten – Schnelligkeit, Preis oder Sicherheit – entscheiden. SD-WAN von Anfang an als die bessere Alternative anzusehen, ist falsch.

Link zum Ursprungsartikel auf it-daily.net